Ungeduld, Ärger, Wut

3. Schritt: Beruhigen

Sie haben Ihre Gefühle wahrgenommen und versucht, sie bewusst anzunehmen. Vielleicht rumort es aber dennoch heftig in Ihnen und Sie könnten an die Decke gehen oder wissen gar nicht mehr, „wo vorne und hinten ist“. Das ist verständlich – trotzdem sollten Sie Ihre Wut nicht der pflegebedürftigen Person gegenüber äußern, sondern sich aktiv dafür entscheiden, Ihre Erregung in den Griff zu bekommen.

   

Oft sind die erlebten Gefühle so stark und intensiv, dass nur gezielte Handlungen oder Bewegung helfen, um sich selbst zu beruhigen. Wie also könnten Sie Ihren Ärger, Ihre Wut oder Ungeduld in den Griff kriegen? Was hat in der Vergangenheit gut geklappt? Probieren Sie ruhig verschiedene Dinge aus.
 

Was könnten Sie beim nächsten Mal tun, um sich zu beruhigen?

  • Zählen Sie von 50 herunter.

  • Achten Sie für ein paar Augenblicke nur auf den eigenen Atem.

  • Wenn möglich, verlassen Sie kurz den Raum.

  • Machen Sie etwas mit Ihren Händen, zum Beispiel therapeutische Knete bearbeiten, eine Handarbeit oder Hausarbeit (Wäsche falten, etwas sortieren o. Ä.).

  • Waschen Sie sich Gesicht oder Handgelenke kalt ab.

  • Hüpfen Sie auf der Stelle oder machen Sie andere Bewegungen, die Sie fordern und ablenken.

  • Machen Sie sich selbst Mut: Ich schaffe das. Ich werde jetzt ruhiger.

Wann/wobei werde ich wütend oder ungeduldig?

Was könnte ich mir sagen, um mein Gefühl anzunehmen?

So könnte ich mich beruhigen:

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Wann/wobei werde ich wütend oder ungeduldig?
Wenn ich andere Freunde mit ihren glücklichen Familien sehe, macht mich das wütend.

Was könnte ich mir sagen, um mein Gefühl anzunehmen?
Das Leben ist nicht immer gerecht und die Umstände sind jetzt einfach schrecklich. Ich darf wütend sein!

So könnte ich mich beruhigen:
Ich konzentriere mich gezielt auf meinen Atem.

Ute (59 Jahre) pflegt ihren Lebenspartner Wolfgang (63 Jahre), der aufgrund eines Tumors körperlich immer stärker abbaut. Beide gehen sehr offen und bewusst mit der Situation um und denken auch über professionelle Unterstützung nach.

Wann/wobei werde ich wütend oder ungeduldig?
Wenn meine Frau das Abendessen verweigert.

Was könnte ich mir sagen, um mein Gefühl anzunehmen?
Ok, das ist jetzt eine Situation, die mich völlig verrückt macht. Das ist jetzt so.

So könnte ich mich beruhigen:
Ich gehe besser erst mal kurz raus, wasche mir das Gesicht kalt ab und sage mir: Die Wut geht wieder weg. Gleich ist Feierabend. Und ich muss mir klarmachen, dass meine Frau das nicht mit Absicht macht, dass das die Demenz ist.

Willi (76 Jahre) kümmert sich um seine demenzkranke Frau Luise (75 Jahre). Beide waren immer sehr aktiv und viel unterwegs, auch als Rentner. Luises Demenz schreitet jedoch schnell voran und Willi fällt es schwer, seine ehemals lebensfrohe Frau so hilflos und passiv zu sehen.

Wann/wobei werde ich wütend oder ungeduldig?
Wenn mein Mann mich anschreit. Ich halte ja einiges aus; dass Helmuth alles vergisst, dass er nachts wach wird, dass ich ihm die Windeln wechseln muss. Aber wenn er mich so anbrüllt, da setzt bei mir was aus.

Was könnte ich mir sagen, um mein Gefühl anzunehmen?
So, ich bin gerade vollkommen außer mir. Ich habe das Gefühl, mich nicht mehr kontrollieren zu können. Das ist jetzt so – aber das Gefühl wird wieder nachlassen. Einfach ruhig weiteratmen.

So könnte ich mich beruhigen:
Ich könnte ganz bewusst atmen und versuchen, überall dort, wo ich zittere, in meinen Körper "hineinzuatmen" und bewusst lockerzulassen.

Irene (70 Jahre) kümmert sich um ihren Mann Helmuth (76 Jahre). Helmuth leidet unter Parkinson und ist demenzkrank und neigt dadurch zu aggressivem Verhalten, was Irene verletzt und verunsichert. Sie fühlt sich einsam – auch, weil sie sich kaum mehr mit ihrem Mann in die Öffentlichkeit begibt.

Wann/wobei werde ich wütend oder ungeduldig?
Wenn wir es eilig haben und ich Hans bei jedem Handgriff helfen muss, dann rumort es schon ziemlich in mir. Dann denke ich mir: Den ganzen Stress hätten wir uns sparen können, wenn er mal ein bisschen auf mich gehört hätte!

Was könnte ich mir sagen, um mein Gefühl anzunehmen?
Ich bin wütend, weil er mir so wichtig ist! Und eigentlich mochte ich das ja auch immer an ihm, dass er so ein Lebemann war. Und wer weiß, vielleicht wäre das mit dem Schlaganfall passiert, auch wenn Hans mehr auf sich geachtet hätte. Ich sollte lieber zusammen mit Hans auf das Schicksal wütend sein statt auf ihn.

So könnte ich mich beruhigen:
Ich bewege mich ja eh gerne, also gehe ich das nächste Mal besser kurz aus dem Raum und hüpfe eine Weile auf der Stelle. Wahrscheinlich kommt man sich dabei so albern vor, dass die Wut eh schnell verraucht ist!

Christa (65 Jahre) pflegt ihren Ehemann Hans (67 Jahre), der sich seit seinem Schlaganfall vor eineinhalb Jahren nur noch langsam bewegt, außer Haus auf den Rollstuhl angewiesen und deswegen auch leicht depressiv geworden ist.